Mythos Unternehmerpersönlichkeit

Wann immer ich ein Seminar zum Thema Existenzgründung gebe, ist auch das Thema Unternehmerpersönlichkeit im Fokus. So viele Mythen ranken sich um diesen Begriff. Eine Zeitlang habe ich bewusst einen der Tests eingesetzt, die manche „offizielle“ Website der Kammern und Ministerien auf Ihren Seiten hatten. Als Provokation. Denn das Bild dahinter war lange das des jungen, männlichen Studienabsolventen, der schnell wachsen, Personal einstellen, viel Geld verdienen und sein Start-Up für eine hohe Summe wieder verkaufen will (oder, ein noch älteres Modell: der Gründer, der vorhat, sein Lebenswerk aufzubauen und später an seine Nachfahren weiterzugeben). Nicht, dass diese Modelle nicht lebensfähig sind – im Gegenteil. Sie sind nur längst nicht mehr die einzigen.

Gründungen sind seit langem schon oft eher Maßnahmen zum „Self-employment“, also dazu gedacht und gemacht, den Lebensunterhalt für den Gründer, die Gründerin zu sichern. Dabei geht es nicht in erster Linie darum, schnell groß zu werden, sondern überhaupt Fuß zu fassen und zu überleben. Die Fragen „Sind Sie bereit, 70 Stunden in der Woche zu arbeiten? Für fünf Jahre auf Urlaub zu verzichten?“ etc. sind für diese Art von Gründungen unpassend und das dahinter stehende Bild wirkt heute fast schon wie eine Karikatur.

Neben vielen fachlichen Aspekten sind im Bereich der Persönlichkeit wichtig:

  • Selbstmotivation, Antrieb, Biss
  • Durchhaltevermögen
  • ein gutes Stressmanagement
  • Sinnerleben und
  • Leidenschaft für die eigene Geschäftsidee

In der Existenzgründungs-Beratung und im Coaching beobachte ich, dass die Motive für eine Gründung häufig andere sind als der Wunsch nach schnellem Wachstum –  nämlich die Vorstellung, Erfüllung bei der Arbeit zu finden, sich zu verwirklichen, eine bessere Balance zwischen Arbeit und Familie zu finden und vieles mehr. Eine nebenberufliche Gründung, wie ich sie  hier neulich beschrieben habe, liegt meines Erachtens gerade im Trend.

Also, lassen Sie sich bitte nicht abschrecken von dem alten Mythos der Unternehmerpersönlichkeit, der orientiert war am Industriezeitalter-Ideal, am Modell „Alleinverdiener Mann“. Prüfen Sie Ihre Motivation, lassen Sie sich beraten und delegieren Sie frühzeitig die Bereiche, die Ihnen nicht liegen und die zu viel der Zeit kosten, die Sie für Ihre inhaltliche Arbeit brauchen.

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