Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist gerade wieder in aller Munde. Diejenigen, die jetzt kleinere Kinder haben oder die sich mit dem Gedanken tragen, Kinder zu bekommen, schlagen sich mit vielen Unwägbarkeiten herum. Vieles hat sich verändert in den letzten Jahren. Die Elternzeit ermöglicht Müttern und Vätern einen Wechsel zwischen Arbeit und Job, Kindergartenplätze werden geschaffen – aber das alles reicht noch lange nicht. Als langjährige Leiterin einer Beratungs- und Koordinierungsstelle zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf habe ich im Zusammenhang mit diesem Themenkomplex viele Tränen gesehen und auf der anderen Seite durch die Zusammenarbeit mit Unternehmen erfahren, wie mühsam sich familienfreundliche Maßnahmen in Betrieben umsetzen lassen. Auch heute im Coaching höre ich von Frauen und Männern immer wieder, wie schwierig es ist, Kinder, Karriere und berufliches Fortkommen zu vereinbaren.
Die 50er Jahre lassen grüßen
Mir fällt auf, dass bei der Frage, wer wann und wie lange in die Elternzeit geht (die oft am Küchentisch entschieden wird), „natürlich“ meist der finanzielle Aspekt im Vordergrund steht. Und das „pay gap“ führt zu vorhersehbaren Schritten. Nicht selten stellen dann aber beide Partner nach einiger Zeit fest, dass sie sich scheinbar auf einer Zeitreise befinden – die 50er Jahre lassen grüßen. Unmut macht sich breit, Trennungsgedanken belasten die ohnehin schon schwierige Situation – und manchmal läuft alles aus dem Ruder. Wo sind die Utopien geblieben, fragen sich die Beteiligten dann, die Träume von Vertrauen und Partnerschaft?
Staatliche Hilfen und Großeltern, die Paare mit Kindern unterstützen, sind eine Sache. Politik ist gefragt, sicher. Mehr noch gilt es aber auch hier, nicht zu jammern und auf gesellschaftliche Missstände hinzuweisen – sondern Verantwortung zu übernehmen und zu teilen. Nur so kann es Veränderungen geben, die eine Balance ermöglichen.
Alle können etwas tun
Das Thema „Vereinbarkeit“ ist in aller Munde? – Taten müssen folgen, Verhandlungen gewagt, neue Arbeitszeitmodelle eingeführt werden. Es geht auch für den Einzelnen darum, Verantwortung übernehmen – für das eigene Leben, die Partnerschaft, den Nachwuchs, unsere Gesellschaft. Jede und jeder –Väter, Mütter, Führungskräfte, Selbständige, Unternehmen, Politiker- kann etwas tun, anders entscheiden. Nur so wird es gelingen, ein familienfreundlicheres Land zu werden – mit ausgeglichenen, zufriedenen Menschen, die (auch) gerne arbeiten.